Die Bewusstwerdung des Menschen
Bevor der Inhalt von den Kapiteln 1 und 2 der Genesis offengelegt wurde, war zunächst ihre Struktur zu beachten, zu analysieren und zu vergleichen. Auch Genesis 3 unterscheidet sich in der Struktur wieder deutlich vom ersten und zweiten Kapitel.
Genesis 1 ist die Vorstellung der PSYCHE in vier Ebenen mittels einer abstrakten "Wochengeschichte". In Genesis 2 wird ein Mensch gezeugt und geboren, in dem die vollständige Psyche erweckt werden muss.
Genesis 3 ist geprägt von Dialogen. Sachverhalte werden auf einer neuen intellektuellen Ebene abgehandelt. Die ersten Verse in Genesis 3 lauten: "Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott, der Herr, gemacht hatte. Sie sagte zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: ..."
Wenn behauptet wurde, dass Genesis 2 den paradiesischen Zustand im Mutterleib abgehandelt hat, der in einer realen Geburt endete, muss Genesis 3 sich zwangsläufig mit dem befassen, was es bedeutet ein irdisches Leben nach der Geburt zu führen. Eine Abhängigkeit von den Eltern und Verwandten bleibt weiterhin eine paradiesische Versorgung des Menschen bis in die Pubertät. Danach trägt der Mensch als Individuum eine Selbstverantwortung, jetzt liegt es in der Hand jedes einzelnen Menschen wie er dies umsetzt. Dazu führten folgende Zwie-sprachen: Schlange-Frau, Gott-Adam, Gott-Frau, Gott-Schlange etc. diese können daher als Beginn einer Bewusst-Werdung gedeutet werden. Der Endpunkt ist eine Initiation. Der nach dieser Freisetzung ("Vertreibung") genannte Weg des/der Probande:in, ist ein in Gänze unvorher-SEH-barer Weg. Dieser uneinsichtbare Weg wird in den Kapiteln zur Kabbala und besonders im Tarot eine Rolle spielen.
Richard Elliot Friedman, ehemals Professor der Theologie in Harvard, schreibt in seinem Buch Wer schrieb die Bibel? auf Seite 312-113 zur Verführung: "... durch den Reiz der Frucht und ... beauftragt über die anderen Kreaturen zu herrschen ...
Die Szenerie ist so zwingend aufgebaut, daß die Menschen praktisch ungehorsam sein müssen."
* Die Schlange auf dem Erdboden: Ein Symbol sowohl der Lebensnähe als auch der Erneuerung (Häutung) .
#6 Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der
Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß, sie
gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß.
#7 Da gingen beiden die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter
zusammen und machten sich einen Schurz.
#16 ... Du hast Verlangen nach deinem Mann; aber er wird über dich gestellt.
#20 ff Adam nannte seine Frau Eva (Leben), denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen.
21 Gott, der Herr, machte Adam und seiner Frau Röcke aus Fellen und bekleidete sie damit.
# 23 ff Gott, der Herr, schickte ihn aus dem Garten von Eden weg, von dem er genommen war.
24 Er vertrieb den Menschen und stellte östlich des Gartens von Eden die Kerubim auf und das lodernde Schwert, damit sie den Weg zum Baum des
Lebens bewachten.
Das Tafelbild von Meister Bertram zeigt bei einer flüchtigen Betrachtung eine typische einseitige Interpretation des letzten Verses. Wer der hier vorgestellten Interpretation folgt, darf den Engel mit dem Schwert als nicht innerhalb des
dargestellten Tores sehen, um eine Bewachung auf dem Weg zum Baum des Lebens zu sein. Neben anderem ist festzu-stellen, dass der abgebildete Mann und die Frau nicht mit Fellen bekleidet sind.
INTERPRETATION - Genesis 3
Es gibt verschiedene Überschriften in Bibeln, die irgendwann in neu-erer Zeit entstanden sind. Weder in der hebräischen Tora noch bei Luther hat es solche Überschriften gegeben. Zwei Beispiele zu Genesis 3: Der falsche kurze Titel lautet "Der Sündenfall", der längere "Der Fall des Menschen". Beide Überschriften führen total in die Irre. Am Ende von Genesis 3 ist der individuelle Mensch mit sensibilisierten Wahrnehmungs-Organen ausgestattet, mit denen er sein Bewusstsein auf sich selbst und seine Mitmenschen richten kann.
Der Zustand des Menschen am Ende von Genesis 2 war ein an Leib und Seele nacktes Baby. Wenn jetzt, übergangslos, eine Frau mit einer schlauen Schlange, in einen vom Intellekt geprägten Dialog eintritt, muss diese Frau ein gewisses Alter erreicht haben. Eine schlaue Schlange* hatte Gott bereits in Genesis 1, im Vers 24, als ein inneres Kriechtier der Psyche in den Leib des Menschen eingeschrieben. Es ist also nicht abwegig, dass diese Zwiesprache in der Phase der Pubertät stattfindet, und der Dialog als ein innerer Vorgang der Physis zu betrachten ist. Das ist auch der Grund warum die Schlange im Körper der Frau spricht und nicht mit Adam (als Geist, Intellekt). Zudem ist anzumerken: Erstens, dass die Schlange, die mit dem Bauch auf dem Erdboden kriecht, als ein Symbol
für die besondere Lebensnähe steht. Zweitens, die Genesis erklärt nicht,
wie die Frau von dem Gebot nicht von der Frucht zu essen erfahren hat, denn es wurde vor ihrer Entstehung
ausgesprochen!
Das, was mit dem jeweiligen sterben (Gen. 1,17 / G. 3, 3-4) gemeint ist, wird die Überwindung der „Unschuld“, oder der Nacktheit an Körper und
Geist zur Folge haben. [6]* Das was die Frau in ihrem Leib erkennt, wird dann an Adam, den Geist (Verstand) weitergereicht. [7]* Mit dem Augen
aufgehen ist eindeutig eine Bewusstwerdung gemeint.
Im folgenden Vers 8 weicht die bisherige Dunkelheit der Nachtzeit (Genesis 1,1-31 und Genesis 2,1-22), indem die Menschen Gott gegen den Tagwind einherschreiten
hören können. Die Augen (der Tiere = alle Sinne) sind ab jetzt für alle Wahrnehmungen des Menschen in einer taghellen Umwelt geöffnet. Das Bewusstsein der Menschen will
dies (in der Pubertät) noch nicht bedingungslos wahrhaben: "Sie versteckten sich". Jetzt, im Vers 9 ruft Gott den Geist (Adam) an: Wo bist du? Im Sinne von:
Wecke deinen Geist auf! In den Versen 10 bis 12 wird das Geschehen zwi-schen Gott und Adam (Geist/Verstand) wiederholt und ab Vers 13 ordnet Gott die Folgen
des Geschehens. Letztendlich erhalten die reale Frau (Gebären) und der reale Mann (Feldarbeit) spezifische Aufgaben.
Das größte Missverständnis der Genesis 3 rührt aus dem letzten Satz in [16]* her. Richtig muss dieses „über dich gestellt“ so übersetzt werden: Über dem
Verlangen der Frau, meint aber den nach Materie verlangenden Körper (z.B. Hunger), soll das geistige Herrschen des Verstandes,
der symbo-lisch zu denkende „Mann“ stehen. Wer an eine Rangfolge zwischen den Geschlechtern denkt irrt!
Verflucht wird nur die Schlange und die Materie. [20-21]* „Adam“ als Geist oder Verstand hat begriffen, dass Eva nicht nur ein Symbol für das
weltliche Leben ist, sondern auch als Mutter aller Lebendigen, ab jetzt, als das Symbol für die Fortpflanzung steht. Bei Adam und seiner Frau wird die
Pubertät äußerlich durch ihre einsetzende Körperbehaarung (Röcke aus Fellen) deutlich erkennbar.
Die letzten 3 Verse sind wie eine Anleitung für das reale Leben zu lesen. Es ist nur noch von einem Menschen die Rede, der eine Frau oder ein Mann
sein kann. Gott anerkennt jetzt, nach der Übertretung die Ähnlichkeit des von ihm geschaffenen Menschen. Vers 22 …, Dass er jetzt nicht die Hand ausstreckt, auch vom Baum
des Lebens nimmt, davon isst und ewig lebt! Dieser Halbsatz wird im Resümee gesondert betrachtet.
Im Vers 23* ist eine Initiation erkennbar, die in fast allen Kulturen zu finden sind, Beispiele: Kommunion, Konfirmation, Bat Mitzwa ♀︎ und Bar Mitzwa ♂︎. 24 > Die Folge vertrieben zu werden klingt hart, aber trotzdem ist in diesem „Bewachtsein“ ein Schutz und keine Hinderung auf dem Weg ins östliche Licht, zu sehen. Denn die Kerubim (Erdengel, stiergesichtig) und besonders das lodernde Schwert ist ein klarer Hinweis auf den blitzenden Verstand, der in Genesis 1, am 4. und 5. Tag in den Menschen eingeschrieben wurde.
Somit soll am Schluß noch einmal festgehalten werden, dass auch hier die neuzeitliche Kapitelüberschrift den Inhalt konterkariert. Genesis 3 beschreibt keinen > Der Fall des
Menschen < und schon gar keinen
> Sündenfall <. Und es sei wiederholt: Es ist kein Menschenpaar, dass den geschützten Garten der Familie oder Sippe
verlässt. Es ist ein seiner Individualität bewusster Mensch. Ein Mensch wie Du und Ich.
*
Der Unterschied in Deutungen
Hier wird die Fussnote der Bibel zu Genesis 3, Vers 1-24, heran-gezogen, denn die
Diskrepanz zu der vorliegenden Interpretation kann nicht konträrer ausfallen:
"In einfacher und bildhafter Sprache und an Hand eines typischen Beispiels aus dem Alltag stellt der Erzähler die erste Sünde und ihre
verhängnisvollen Folgen dar. Die Schlange ist Sinnbild für die gefährliche Macht des Bösen und für die Hinterhältigkeit. Der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse sind
Bilder für die nur Gott zukommenden Eigenschaften der Unsterblichkeit und des umfassenden Wissens, über die der Mensch nicht von sich aus verfügen kann, die Gott ihm aber unter Umständen aus
Gnade schenkt."
RESÜMEE
Ein Problem des Autors liegt in der Tatsache, dass er kein Hebräisch kann. Da es sowohl die Möglichkeit gibt den Namen Adam als Name zu verwenden, als auch seine Übersetzung in Mensch, ist die Frage, gibt es Hinweise welche Form, durchgängig durch alle Verse, die richtige ist?
Beispiel: Es ist im 20. Vers relevant, ob eine Person Adam seine Frau Eva (Leben)
nennt, oder der Mensch sich zu seinem Leben (Eva) bekennt.
Eine wichtige Erkenntnis ist die,
die von nur einer oder zwei Früchten herrührt. Nach reiflicher Überlegung ist die Frucht,
die Eva vom Baum der Erkenntnis gepflückt hat, ein gemeinsames Produkt mit/und von dem Baum des Lebens. In einer Frucht finden sich wohl immer
zwei Chromosomensätze? Jedenfalls bei menschlichen Früchten, den Kindern von Mann und Frau. Der Anteil von der
Frucht, die der/die Prototyp:in Mensch vom Baum der Erkenntnis gegessen hat, ist mit allergrößter Wahr-scheinlichkeit (denken Sie hier einmal z.B. an einen Pfirsich) das reife Frucht- fleisch – und nicht der harte Kern. Das
reife Frucht-Fleisch kann aber zu der Erkenntnis führen, dass es vergänglich ist. Im "Gegensatz" dazu, im
nicht "essbaren" Kern aber das ewige Leben wohnt: Der Keim zu neuen Leben. Demnach hat dieser
Mensch im Gegensatz zur Aussage des 22. Verses, die Hand danach schon ausgestreckt. [22] Dann sprach Gott, der Herr: Seht, der Mensch ist geworden wie wir; er
erkennt Gut und Böse. Dass er jetzt nicht die Hand ausstreckt, auch vom Baum des Lebens nimmt, davon isst und ewig lebt! Ausgestreckt hat er die Hand schon, die Erkenntnis
des Kerns aber noch nicht gewonnen.
Wenn Sie gravierende Fehler, irgendwo in dieser Interpretation finden,
lassen Sie es mich gerne wissen. Es gibt aber aus allem zuvor Gesagten noch eine Gesamteinschätzung aus der "Erzählung" zu filtern, die eigentlich mehr ist als nur eine Erzählung: Was kann sie für einen heutigen, aufgeklärten Menschen noch für Botschaften enthalten: