GENESIS - KAPITEL 2


   Das Tafelbild zeigt Gott mit seiner "Tierwelt". Es zeichnet mit allen aufgeführten Tieren der Erde, des Wassers und der Luft, sowohl den
5. als auch den 6. Tag von Genesis 1 nach. Es wird Genesis 2 nur symbo-lisch gerecht. Dessen Überschrift ist mit "Das Paradies" nicht wirklich zielführend.

* Der jüdische Religionsphilosoph

Martin Buber schreibt in seinem Werk Ich und Du, relativ am Beginn:

"Alles wirkliche Leben ist Begegnung."

 

Von der Zeugung zur Geburt

 

  Am Ende von Genesis 1 wurde eine Differenz von etwa 400 Jahren
zu dieser älteren Genesis 2 (um 900 B.C.) genannt. Die Tora/Genesis 2 wiederum teilt Gemeinsamkeiten mit noch viel älteren Mythen. Auch

in Genesis 2 führt die neuzeitliche Kapitelüberschrift > Das Paradies < in die Irre. Die Erzählung beginnt entgegen der Wissenschaftsmeinung mit einem eindeutigen Bezug zur Genesis 1, denn es heißt im ersten Vers:

So wurden Himmel und Erde vollendet … Und dem 7. Tag, an dem Gott ruhte. Dieser 7. Tag kennt aber nicht nur die Nachtzeit zwischen ...

und es wurde Abend und es wurde Morgen! Es ist demnach ein ganzer
24-Stunden-Tag an dem Gott sein Werk heilig spricht und es segnet.

   Die falsch titulierte „Paradiesgeschichte“ setzt mit dem Vers 4b ein.

Jetzt, Achtung, dreht sich die Entstehung aus Genesis 1 um, es heißt:

Zur Zeit, als Gott …, Erde und Himmel machte. Die Materie der Erde wird hier vor der Transparenz des Himmels gemacht, … [6] aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde und tränkte die ganze Fläche des Ackerbodens. [7] Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.

[8] Dann legte Gott, …, in Eden, im Osten, einen Garten an und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. – Spätestens im Vers 21 wird klar werden, dass in dem Vorgang der materiellen Formung und dem Einsetzen in den Garten, eine Umschreibung für eine Zeugung gesehen werden muss. Zwischendrin werden [10-14] Bäume mit Früchten und vier Flüsse genannt. Vier Absätze unklarer Provenienz.

   Dann wurde das Verbot vom Baum der Erkenntnis zu essen ausge-sprochen. Eine Frau ist noch nicht entstanden! Anschließend sinniert Gott über Hilfen, die er dem Menschen beigeben will.
   Im Vers 21 bekommt die Schwangerschaft nicht nur einen Namen:

Gott ließ einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen. Dies ist auch der Moment in dem die Hilfen, die als psychische Potentiale in Genesis 1 beschrieben sind, zur Erweckung durch den Menschen vorbereitet werden. Aber da es im embryonalen Menschen noch keinen besonders entwickelten Sinn für das Wahr-Nehmen und Wirken der Potentiale (Bewusstsein) gibt, müssen diese erst nach der Geburt, Schritt für Schritt entdeckt werden. Spätestens in Genesis 3 wird sich dann zeigen, dass zur Belebung der Potentiale immer eine Reflexion mit seinem Selbst, besonders aber mit seinen Mitmenschen* vonstatten gehen muss.

   In diesem tiefen Schlaf wird  eine Rippe entnommen und die Stelle mit Fleisch verschlossen. [22] Aus der Materie der Rippe wird eine Frau, über-setzt heißt das, ein Körper wird sichtbar: Die Geburt eines Menschen. Noch deutlicher wird dies im nächsten Vers, weil dort das Baby zu schreien beginnt: [23] Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein /… Frau soll sie heißen; denn vom Mann ist sie genommen. Eine etwas komplizierte Umschreibung einer ersten Wahrnehmung.
   Schon ab hier muss wieder der durchgehend tiefe symbolische Gehalt der Polarität in der gesamten Genesis erkannt werden. [24] Der Mann der seinen Vater und Mutter verlässt ... und sich an eine Frau bindet, um ein Fleisch zu werden,  umschreibt eine Benennung der zwei unterschied-lichen Daseinsformen als Seele & Körper in ein und derselben Person:

Als Geist: Vater, Mann – und Körper: Mutter, Frau. Eine logische Schluss-folgerung aus dem Vers 24 sollte sein, dass die Benennung von Vater und Mutter, die dann Eltern für die beiden ersten Menschen wären, nicht zutreffen kann.
   Um nicht dem geringsten Irrtum zu unterliegen: Diese zusammen-gehörige Daseinsform, als Seele & Körper gilt gleichermaßen und ganz eindeutig für beide Erscheinungsformen des Menschen, sei es als Mann oder als Frau. Da es sich hier noch um ein "frisches" Baby handelt, ist das Nackt-Sein [25] sowohl am Körper, als auch in dessen „nackten Bewusst-sein“ zu erkennen, daher ist es für ein "sich schämen" noch zu früh.


   Hier endet Genesis 2, ohne dass wir Genaueres über die Lebens-bedingungen im Garten erfahren haben, bis auf die Tatsache, damit er [der Mensch] ihn [später?] bebaue und hüte. Diese zwei Pflichten gehören doch wohl nicht in ein Paradies? Oder, muss darin ein Baum mit Früchten stehen an denen man sterben kann? Listige Kriechtiere? Demgegenüber ist und bleibt der Garten von Eden ein umhegter Schutzraum.




 

RESÜMEE

 

   Es dürfte schon klar geworden sein, wieviel feinsinnige Gedanken und Überlegungen aus "Wissens-Erkenntnissen" seiner Zeit, zu dieser Ver-dichtung in einem prosaisch anmutenden Text notwendig waren, um dem Sachverhalt eines umfassendes Menschenbildes gerecht zu werden. Hoffentlich sind schon genug Argumente eingeflossen, dass man sich vorstellen kann, wie die Autoren aus der gesammelten, gedanklichen Materialfülle den natürlichen Vorgang der Mensch-Werdung und des Mensch-Seins begriffen haben.

   Genesis 2 zeichnet ein Bild einer umfassenden Konditionierung des Menschen. Jetzt gilt es für den "fleischgewordenen" Menschen beiderlei Geschlechts, sich in seinem natürlichen Lebensraum auf der Erde zurechtzufinden. Ein "Gott" fordert gerade dazu auf sich aller seiner eigenen Potentiale bewusst zu werden - unter der Prämisse - in sich selbst die Unterscheidung zwischen Gut und Böse jederzeit und augen-blicklich abrufen zu können.

 

Der "paradiesische Mensch" muss "sterben", um danach als leibhaftiger Mensch in das Leben hinaustreten zu können. Dies wird Inhalt von

Genesis 3.